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05. April 2019

Stellenwert der ETA in Deutschland oder ETA vs. abZ

Häufig werden an uns Fragen zum Stellenwert von Europäischen Technischen Bewertungen (ETA) innerhalb des europäischen und bauaufsichtlichen Rahmens herangetragen. Unter anderem wird gefragt, welche harmonisierte technische Spezifikation  – ein Europäisches Bewertungsdokument (EAD) oder eine harmonisierte Norm (hEN) – vorzugsweise als Basis für die Leistungserklärung  und zugehörige CE-Kennzeichnung herangezogen werden sollte.  

Hier liegt ein grundlegendes Missverständnis vor, denn tatsächlich besteht keine Wahlmöglichkeit zwischen hEN und EAD. Vielmehr gilt: Für Bauprodukte, die in den Anwendungsbereich einer hEN fallen, ist der Hersteller aufgrund der Bauproduktenverordnung (Verordnung (EU) Nr. 305/2011, BauPVO) verpflichtet,  eine Leistungserklärung auf Basis der hEN zu erstellen und die CE-Kennzeichnung anzubringen. Für solche Bauprodukte können keine ETA zur Bewertung von Produktleistungen ausgestellt werden.

Nur für Bauprodukte, die nicht oder nicht vollständig von einer hEN erfasst sind, können Produktleistungen über eine ETA bewertet werden. Die ETA wird auf Antrag des Herstellers des Bauprodukts ausgestellt und ist mit dem zugrundeliegenden EAD Basis für die Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung. Für den Hersteller eines bestimmten Bauprodukts gibt es also keine Wahlmöglichkeit, ob er die Leistungserklärung auf Basis einer ETA und zugrundeliegendem EAD oder auf Basis einer hEN erstellt. In beiden Fällen und mit gleicher Wirkung, erklärt der Hersteller die Produktleistungen in seiner Leistungserklärung, die für die weitere Verwendung des Bauprodukts das maßgebende und rechtsverbindliche Dokument darstellt.

Wie hier dargestellt, ist die ETA ein freiwilliger Weg der Nachweisführung. Wird er nicht genutzt, greifen für Bauprodukte, die nicht von einer hEN erfasst sind, zunächst die nationalen Regelungen des Mitgliedstaats, in dem das Bauprodukt vermarktet werden soll.

Für den deutschen Markt hat der Hersteller damit in gewissen Fällen die Wahl zwischen einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) und dem europäischen Weg über die ETA. Dies ist der Fall für Bauprodukte die bauaufsichtlich relevant sind, für die es aber keine Technischen Baubestimmungen und auch keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt oder die von vorhandenen Technischen Baubestimmungen wesentlich abweichen. Auch hier erhalten wir die Frage, welcher Weg – der europäische über die ETA oder der nationale über die abZ – vorzuziehen ist. Dies lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten.

Es obliegt allein dem Hersteller zu entscheiden, ob er für sein Bauprodukt eine ETA beantragt oder ob er den nationalen Weg über eine abZ beschreitet. Ein wesentliches Entscheidungskriterium für den Hersteller ist sicherlich die Frage, ob er sein Produkt nur lokal in Deutschland oder aber europaweit vermarkten möchte.

Darüber hinaus ist der Unterschied im Charakter von ETA und abZ zu beachten. Mit der CE-Kennzeichnung und dem Ü-Zeichen sind unterschiedliche Aussagen verknüpft.

Mit der abZ ist eine Aussage über die Verwendbarkeit in Deutschland für den jeweiligen Verwendungszweck verbunden. Durch die Kennzeichnung der Bauprodukte mit dem Ü-Zeichen bestätigt der Hersteller, dass das Bauprodukt mit der abZ übereinstimmt (§21 Abs.1 MBO).

Mit der Anbringung der CE-Kennzeichnung bestätigt der Hersteller die Konformität des Bauprodukts mit den erklärten Leistungen gemäß Leistungserklärung (Art.8 Abs.2 BauPVO). Die Verwendbarkeit der Bauprodukte ist aber nur gegeben, wenn für den jeweiligen Anwendungsfall die erklärten Leistungen den nationalen Bauwerksanforderungen genügen. D.h. der Anwender muss anhand der Leistungserklärung prüfen, ob die bauaufsichtlichen Anforderungen eingehalten sind.

Darüber hinaus müssen für die Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken die entsprechenden Technischen Baubestimmungen der MVV TB Teil A und B beachtet werden. Sollte es für Bauarten unter Verwendung von Bauprodukten mit CE-Kennzeichnung oder Ü-Zeichen keine Technischen Baubestimmungen oder keine allgemein anerkannten Regeln der Technik geben, wird eine allgemeine oder vorhabenbezogene Bauartgenehmigung vorgeschrieben (§16a Abs. 2 MBO). Für Bauprodukte mit Ü-Zeichen wird die Bauartgenehmigung häufig zusammen mit der abZ in einem gemeinsamen Bescheid erteilt.

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