25 Jahre WFTAO, 25 Jahre IRCC – das DIBt gratuliert
2022 konnten gleich zwei internationale Gremien, in denen das DIBt aktiv ist, ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Der Weltverband der Organisationen für technische Bewertungen (World Federation of Technical Assessment Organisations, WFTAO) beging sein Jubiläum in kleinem Rahmen bei seiner Jahressitzung am 4. und 5. Oktober 2022 in San Diego, Kalifornien.
Die Mitglieder des Ausschusses für systemübergreifende Zusammenarbeit im Bereich der Regelungssysteme im Bauwesen (Inter-jurisdictional Regularatory Collaboration Committee, IRCC) kamen für das Jubiläum im Akademiezentrum der TU München zusammen, das im Kloster Raitenhaslach in Bayern untergebracht ist. Sie folgten dabei einer Einladung der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik (BVPI), die dem Ausschuss seit 2019 als assoziiertes Mitglied angehört.
Den Auftakt des zweitägigen Festprogramms vom 24. und 25. Oktober 2022 bildete eine vom BVPI in Kooperation mit der Geschäftsstelle des IRCC organisierte Konferenz mit geladenen Gästen aus der Bauverwaltung und Bauindustrie. Unter dem Titel "Weiterentwicklung des bauordnungsrechtlichen Regelungsrahmens – Erkenntnisse aus der Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven" eröffnete der Gastgeber und Vizepräsident Gerhard Müller von der TU-München die Konferenz. Ministerialrat Dr.-Ing. Andreas Hechtl vom Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr berichtete anschließend sehr eindrücklich über die Arbeit der Bauministerkonferenz und der Fachkommission Bautechnik. DIBt-Präsident Gerhard Breitschaft gab einen Ein- und Ausblick auf die heutige und künftige Rolle des DIBt. Steve Denton, Vorsitzender des CEN/TC 250, sprach über Chancen und Herausforderungen bei der Implementierung und Fortschreibung der Eurocodes. Auch bei der Herbsttagung des IRCC am Folgetag hielten sich Rückblick und Ausblick auf die Zukunft die Waage.
Das DIBt gratuliert beiden "Geburtstagskindern"!
Anlässlich des Jubiläums haben wir die Vorsitzenden beider Organisationen – Thomas Bruun (Dänemark) von WFTAO und Neil Savery (Australien) von IRCC – gebeten, ihre Gremien kurz vorzustellen.
Die Antworten sind aus dem Englischen übertragen.
Herr Bruun, können Sie uns die WFTAO und ihre Ziele kurz vorstellen?
Das primäre Ziel der WFTAO ist es, Herstellern mit ihren oft national bewerteten Produkten den Zugang zu internationalen Märkten zu erleichtern, und zwar durch gegenseitige Akzeptanz der von den anderen Mitgliedern ausgestellten Technischen Bewertungen.
Die WFTAO unterstützt dies durch:
- Stärkung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen den Mitgliedern,
- Einladung weiterer Bewertungsorganisationen, der Organisation beizutreten,
- Förderung der Nutzung von unabhängigen Technischen Bewertungen durch Hersteller weltweit.
Worin sehen Sie die besonderen Stärken der WFTAO?
Über die Jahre ist zwischen den Mitgliedern ein starkes Netz gewachsen, das durch gegenseitiges Vertrauen und die Anerkennung der technischen Arbeit der jeweils anderen geprägt ist. Die Mitgliedschaft in der WFTAO ist freiwillig. Das bedeutet, dass die Mitglieder sich in der WFTAO engagieren, weil sie hierin einen Mehrwert sehen.
Wie möchten Sie den WFTAO in den nächsten fünf Jahren weiterentwickeln?
Die Corona-Pandemie hat Spuren in der WFTAO hinterlassen. Für eine Netzwerk-Organisation, die vom direkten Austausch lebt, war es eine harte Zeit, da persönliche Treffen oft nicht möglich waren. Zudem haben die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in den Organisationen zum Teil gewechselt. Mein Ziel ist es, auch ihnen den Mehrwert der WFTAO näher zu bringen und potenzielle neue Mitglieder gezielt anzusprechen, damit die Organisation wachsen kann – in Zahlen und in Hinblick auf die Erfolgsgeschichten, die wir durch unsere Zusammenarbeit schreiben und den Mehrwert, den wir für Hersteller von innovativen Bauprodukten generieren.
Das Bauwesen spielt in Bezug auf den Klimawandel eine zentrale Rolle. Innovative und grüne Produkte und bauliche Lösungen sind hier ein wichtiger Hebel. Die Technischen Bewertungen unserer Mitglieder tragen dazu bei, dass wir sicher, nachhaltig, resilient und ressourcenschonend bauen – im Interesse aller.
Herr Savery, können Sie uns das IRCC und seine Ziele kurz vorstellen?
Neil Savery: Zu den Mitgliedern des IRCC gehören 19 Organisationen aus 14 Ländern rund um den Globus, die mit Bauordnungs- und Bauregelungssystemen befasst sind. Seit 25 Jahren leben die Mitglieder internationale Zusammenarbeit und kommen regelmäßig zusammen, um sich über bewährte Praktiken im Bereich der Bauregelungssysteme auszutauschen. Im Mittelpunkt stehen dabei Funktionalität, Objektivität und Performance-Orientierung.
Das IRCC bietet ein Forum für
- die Identifizierung moderner und in die Zukunft gerichteter Ansätze in Politik, Verwaltung, Regelungsinfrastruktur, Wissensvermittlung und Technik im Bereich der Bauordnungen,
- das Teilen von Ideen,
- den Informationsaustausch und die Bündelung von Ressourcen im Bereich der bautechnischen Regelsetzung
- die Generierung von Mehrwert für Länder, die sich an bewährten Praktiken orientieren wollen, durch die Bereitstellung von Orientierungshilfen,
- die Diskussion von Regelungsansätzen zur Förderung von Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation im Bauwesen und
- Kooperation und internationaler Zusammenarbeit.
Worin sehen Sie die besonderen Stärken das IRCC?
Die besonderen Stärken des IRCC und die Vision der Gründer liegen im Gedanken der gegenseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit, und zwar jenseits formaler, internationaler und institutioneller Vereinbarungen.
Das wiederum fördert
- eine Kooperation auf Augenhöhe und im gemeinsamen Interesse,
- die Bereitschaft zu teilen und Informationen und Erfahrungen – gute wie schlechte – offen weiterzugeben,
- eine Gesprächsplattform für den vorurteilsfreien Austausch.
All dies, getragen von dem Wunsch, die öffentlichen Schutzziele und insbesondere die Bauwerkssicherheit voranzubringen.
Wie möchten Sie den IRCC in den nächsten fünf Jahren weiterentwickeln?
Der IRCC ist seit 25 Jahren in der internationalen Zusammenarbeit in einer Branche aktiv, die sich in einem tiefen Wandel befindet. In dieser Situation kann die Organisation den Austausch fördern – über die anstehenden Herausforderungen, Innovationen und möglichen Lösungen, zwischen den vielfältigen Akteuren der Bauregelungssysteme und auf internationaler Ebene. Dazu ist es wichtig, dieses Forum gezielter zu nutzen, um grundlegende Fragen zu diskutieren, die nicht nur technisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich relevant sind und alle Mitglieder betreffen.
Die Mitglieder haben zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gern eingehender mit diesen Themen befassen. Im Rahmen der Möglichkeiten sollen zudem Informationen und Thesenpapiere erarbeitet und der breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. So könnten auch andere von der Arbeit des IRCC profitieren, die selbst nicht die Ressourcen haben, sich mit diesen großen Fragen auseinanderzusetzen.
Bereits heute tun sich Mitglieder der IRCC in verschiedenen Konstellationen außerhalb der IRCC-Strukturen zusammen, um gemeinsam an Themen zu arbeiten und Ergebnisse mit dem Plenum und der Fachöffentlichkeit zu teilen.